Ich liebe es, in Deutschland zu leben!

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Ich war auf den Weg zum Flughafen, als ich von den Attentaten in Würzburg und Ansbach hörte. Der Taxifahrer war ein Iraner. Er sprach gebrochen deutsch und erzählte heiter, wie er einer Frau im Taxi bei der Entbindung geholfen hatte. Wie konnte das sein, dachte ich, wo doch Moslems ihre Frauen verstecken und jede körperliche Nähe zu anderen Männern ein Tabu darstellt. „Voll krass“, sagte er. In Deutschland scheint dies möglich zu sein. 

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Am Flughafen angekommen, stand ich früh um sechs mit den übermüdeten Musikern aus Rock im Park  in der Schlange vor dem Kiosk. Sie bissen herzhaft in ihre Sandwiches, schlürften ihren Cappuccino und unterhielten sich auf Englisch miteinander. Als ich dann an der Reihe war, sagte die Nürnberger Kioskverkäuferin zu mir: „Give me Cent, fünf, sex, seven“. Ich musste schmunzeln. Seit der WM 2006 war Englisch nun auch in Franken eingekehrt. 

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Zwischen all den müden Gesichtern sah ich eine junge Frau mit helllila Haaren. „Guten Morgen“, strahlte sich mich an, als sich unsere Gesichter im Spiegel der Flughafentoiletten begegneten. 

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Wartend saß ich auf einer Bank und beobachtete die Menschen. Es trippelte ein Frau in Stiefeletten vorbei, ihr massiger Körper in ein Kleid gezwängt, die Haare rot gefärbt, orange Federn baumelten an ihren Ohren. Es war ein früherer Kollege von mir. Ich hatte mich noch immer nicht an diesen Anblick gewöhnt. Vorher Mann, nach seiner Geschlechtsumwandlung zur Rektorin an einer bayerischen Schule ernannt. Bei uns in Bayern ist sooooo etwas möglich.  

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Es wurde zum Boarding aufgerufen. „Familien mit Kindern zuerst und alle Passagiere, die einen Rollstuhl gebucht haben!“, lautete die Durchsage. Gleichzeitig mit den Business Class Passagieren bestiegen sie die Maschine. Schön, dass Menschen, die unsere Hilfe und Unterstützung brauchen, bevorzugt behandelt werden. Wegen eines epileptischen Anfalls verspätete sich dann auch noch unser Abflug. Dies ist in Deutschland möglich. Danke!   

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Als ich durch die Reihen lief und meinen Sitzplatz suchte, sah ich ein älteres Ehepaar mit je einem Hundekörbchen auf den Schoß. Als die Stewardess die Gurte vor dem Abflug prüfte, nickte sie den beiden zustimmend zu. Während des ganzen Fluges redeten die beiden beruhigend auf ihre kleinen Hündchen ein. Verrückt und doch berührend, dass dies in einem europäischen Flugzeug möglich ist. 

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Beim Blick aus dem Flugzeugfenster musste ich an meine jüngere Schwester denken, die so viele Male nach China geflogen war. Sie lebt mit einer Frau zusammen und jetzt haben sie geheiratet. Wie schön, sich öffentlich zu seiner Lebenspartnerin bekennen zu können und zu wissen, dass diese Verbindung gesetzlich geschützt ist. 

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Ich musste daran denken, wie wir als Mädchen die ersten in unserem katholischen Dorf waren, die zwar mit Hindernissen, doch trotz allem das Abitur machen konnten. Die Sozialliberale Regierung hatte seinerzeit die Kostenfreiheit des Schulweges für Kinder auf dem Land eingeführt. Diese Chance wünsche ich allen Kindern.   

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Es gab auch keine allzu große Aufregung, als ich dann einen evangelischen Mann heiratete. In Deutschland steht der Rechtstaat über der Religion. Gott sei dank!  

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Auch als Frau fühle ich mich weitgehend sicher, wenn ich durch die Straßen meiner Heimatstadt laufe. Und ich weiß, dass ich mich an Silvester 2016 sicher fühle, wenn ich auf dem Nürnberger Rathausplatz feiern gehe. Der Staat hat, nach der sogenannten Kölner Silvester Nacht von 2015, Vorkehrungen getroffen.

Ich kann auch darauf vertrauen, dass es dieses Jahr wieder ein friedliches Weihnachten bei uns geben wird, wie all die Jahre zuvor. So, wie ich es allen Menschen, überall auf der Welt wünsche:  

„Ein friedliches Weihnachtsfest und ein frohes neues Jahr!“      

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